A.VOGEL

Naturmedizin und Gesundheitsförderung

WER A.VOGEL IST
Die A.Vogel AG ist eine der grössten Herstellerinnen von pflanzlichen Arzneimitteln und von gesundheitsfördernden Ernährungsprodukten in der Schweiz und tritt unter dem Markennamen «A.Vogel» auf. Wegleitend sind die Rezepturen und Richtlinien des Unternehmensgründers Alfred Vogel, eines Pioniers der Naturheilkunde. Bis heute ist das Unternehmen eigenständig, die Aktienmehrheit liegt im Besitz der Alfred-Vogel-Stiftung. In der Schweiz beschäftigt Bioforce über 150 Mitarbeitende und zehn Lernende, im Ausland mehr als 300 weitere Angestellte. Der Jahresumsatz beträgt über 130 Millionen Franken. Das Unternehmen produziert jährlich 600 Tonnen Frischpflanzentinkturen, und zwar in Roggwil im Kanton Thurgau sowie in Elburg, Holland. Im französischen Colmar werden Kräuter und Gemüse für das «Herbamare»-Kräutersalz angebaut, 500 Tonnen pro Jahr. In Teufen, dem ursprünglichen Wirkungsort von Alfred Vogel, befinden sich u.a. der Verlag A. Vogel, ein Heilpflanzen-Schaugarten sowie das A.Vogel-Museum. Die A.Vogel-Produkte sind hierzulande in Apotheken und Drogerien erhältlich, zum Teil auch in Reformhäusern und Supermärkten. Darüber hinaus bietet A.Vogel den Kunden umfassende Informationen zum Thema Gesundheit und gesunde Lebensführung an: im Internet, über eine telefonische Hotline sowie über die Zeitschrift «A.Vogel Gesundheits-Nachrichten». Das Geschäftsfeld «pharmazeutische Produkte» steuert rund 60 Prozent des Gesamtumsatzes von A.Vogel bei, etwa 25 Prozent stammen aus dem Bereich Ernährungsprodukte. Das mit Abstand wichtigste A.Vogel-Produkt ist das Arzneimittel «Echinaforce». Es generiert einen Viertel des Gesamtumsatzes. Die verschiedenen Kräutersalze tragen etwa zehn Prozent zum Umsatz bei. Die grösste Tochtergesellschaft ist in Holland, wo die Marke A.Vogel «fast so bekannt ist wie Coca-Cola», so der langjährige CEO Robert Baldinger. 2016 trägt Holland 28 Prozent zum Umsatz bei, mehr noch als die Schweiz mit 22 Prozent. An dritter Stelle folgt Kanada. Ebenfalls wichtig sind diverse europäische Länder, wie Belgien, Frankreich, Spanien, Grossbritannien und Finnland. Insgesamt sind die A.Vogel-Produkte in über 20 Ländern erhältlich. Bei den pflanzlichen Arzneimitteln sind rund 80 Prozent der Kundschaft Frauen, die Männer werden in jüngster Zeit verstärkt angesprochen. In der Forschung konzentriert sich A.Vogel darauf, Pflanzen wie Echinacea und Salbei weiter zu entschlüsseln und ihre Wirkungsweise noch genauer zu verstehen. Hier gibt es noch einiges Potenzial, vor allem im Hinblick auf eine personalisierte Medizin: Diese berücksichtigt die individuelle Disposition des Patienten und kann so die Heilwirkung zusätzlich verstärken.

Peter Gmünder, hier in einem Echinacea-Feld, ist seit 2017 CEO der A.Vogel AG.

WAS SIE ANTREIBT
«Es geht um das Helfen. Wir helfen den Menschen mit guten Produkten, gesund zu bleiben. Das ist auch die Motivation der Mitarbeitenden.» Mit diesen Worten fasst Robert Baldinger die Mission des Unternehmens zusammen. Firmengründer Alfred Vogel (1902–1996) ist der wohl wirkungsmächtigste Wegbereiter der Naturheilkunde in der Schweiz. Seine Ideale und Werte leiten das Unternehmen bis heute. Gemäss Alfred Vogels Überzeugung ist industriell produziertes Essen eine Hauptursache vieler Zivilisationskrankheiten. Als Naturarzt und Ernährungstherapeut setzt Vogel auf die heilende Kraft pflanzlicher Arzneimittel und auf eine ausgewogene Ernährungsweise mit biologisch produzierten, möglichst naturbelassenen Lebensmitteln. Als Sohn eines Friseurs kommt Al­fred Vogel in Aesch bei Basel auf die Welt. Von der Lebensreformbewegung inspiriert und im festen Glauben an das naturgegebene Gute gründet er einen Verlag und leitet ein Reformhaus. Seine Zeitschrift «Das neue Leben» von 1929 ist die Vorläuferin der heute populären «A.Vogel Gesundheits-Nachrichten». Vogels Hauptwerk, «Der kleine Doktor», entwickelt sich zum Klassiker der Naturheilkunde, wird in zwölf Sprachen übersetzt und liegt heute auf Deutsch in der 73. Auflage vor. 1932/33 zieht Alfred Vogel nach Appenzell Ausserrhoden, wo komplementären Heilmethoden von jeher eine grössere Offenheit entgegengebracht wurde. Er wird als Naturarzt anerkannt und betreibt in Trogen ein Laboratorium mit dem markanten Namen «Bioforce». In Teufen konzentriert er sich auf die medizinisch-therapeutische Tätigkeit, richtet auf seinem Grundstück das «Kur- und Kinderheim Vogel» ein, pflanzt in seinen Gärten Obst, Gemüse und Heilpflanzen an und produziert Frischpflanzentinkturen. Die Herstellung von Präparaten aus Frischpflanzen steht alsbald im Mittelpunkt von Alfred Vogels Tätigkeit als Forscher und Unternehmer. Inspiration findet er auf ausgedehnten Reisen, unter anderem zu den Oglala-Lakota in Süd-Dakota, USA. Weil die Nachfrage nach seinen pflanzlichen Arznei- und Heilmitteln kontinuierlich ansteigt, gründet Alfred Vogel 1955 das Unternehmen Bioforce, zunächst als GmbH in Teufen und dann ab 1963, immerhin im Alter von 61 Jahren, als Bioforce AG in Roggwil. 

«Ethisches Verhalten hilft uns, auch noch in drei, fünf und zehn Jahren erfolgreich zu sein.»

Peter Gmünder, CEO

Das Erbe von Alfred Vogel tritt Robert Baldinger an: Er leitet das Unternehmen ab 1995 und prägt mehr als 20 Jahre dessen Geschicke, bis zum Jahr 2016. Baldinger beschliesst als Jugendlicher, Chemie zu studieren, nachdem er «Der stumme Frühling» gelesen hat – das Buch gilt als einer der Auslöser der globalen Umweltbewegung. Als junger Chemiker will er etwas in der Branche verändern, startet seine Karriere jedoch eher klassisch bei der Pharmafirma Syntex. Als diese von Roche übernommen und so Teil eines Grosskonzerns wird, ist das für Robert Baldinger das Zeichen, seiner Karriere eine neue Wendung zu geben: 1995 bietet sich ihm die Gelegenheit, die Stelle des Geschäftsleiters bei Bioforce (heute A.Vogel) zu übernehmen. Mit dem Wechsel von der pharmazeutisch-synthetischen Welt in die Naturheilkunde fühlt er sich seinen Idealen wieder nahe. Seine Herausforderung ist es, das etwas stürmisch gewachsene Unternehmen mit zahlreichen Auslandsfilialen wieder auf die Kerngebiete zu fokussieren. In den 1990er-Jahren vollziehen sich in der Pharmabranche grosse Fusionen, der Markt verändert sich und der Forschungsaufwand wird immer grösser, auch aufgrund von Regulierungen. Beim Nischenanbieter Bioforce gilt es deshalb, die Kräfte zu bündeln, den Produktionsstandort in Roggwil zu stärken und die Abhängigkeit von den Banken zu minimieren. Für Baldinger steht der unternehmerische Auftrag fest: Sein Ziel ist es, weiterzuführen, was für Vogel wertvoll war, und die Ideen des Gründers mit einer starken Marke zu bewahren und zu entwickeln. Diese Strategie setzt Baldinger in den kommenden 20 Jahren konsequent um. Heute meint er: «Das Schönste wäre, wenn Alfred Vogel sagen würde: Das habt ihr gut gemacht.»

2017 wird Peter Gmünder Nachfolger von Robert Baldinger. Unter seiner Ägide wird 2020 das Unternehmen in A.Vogel AG umbenannt und trägt seither den Namen des Gründers auch in der Firmenbezeichnung. Auch Peter Gmünder hat zunächst in Grossunternehmen gearbeitet: Nach seinem Volkswirtschaftsstudium an der Universität St. Gallen ist er mehr als 20 Jahre für globale Konsumgüterunternehmen tätig. Beispielsweise hat er für Toblerone die internationale Markenstrategie entwickelt – «diese Erfahrungen kann ich auch für die Marke A.Vogel nützen.» Peter Gmünder beschäftigt sich schon seit jungen Jahren mit der Frage, «wie sich Ökonomie, Nachhaltigkeit und Ökologie vereinen lassen.» Deshalb hat er die Studienschwerpunkte Finanzmarkttheorie und Umweltökonomie gewählt. Bei A.Vogel fasziniert ihn, dass er die gesamte Wertschöpfungskette betreut, vom Landbau und der Forschung und Entwicklung über die Produktion bis hin zur weltweiten Vermarktung: «Ich sehe die Pflanzen vor dem Haus wachsen, und gleichzeitig bin ich für die Verkaufszahlen des fertigen Produkts in Australien verantwortlich. Das ist für mich als Manager erfüllend und etwas Wunderschönes. Für mich ist es eine Freude und ein Privileg, bei A.Vogel zu arbeiten.»

Robert Baldinger hat mehr als 20 Jahre lang als CEO die Geschicke der A.Vogel AG geprägt.

WAS SIE ANDERS MACHEN
A.Vogel hat sich ganz der Philosophie seiner charismatischen Gründerfigur Alfred Vogel verschrieben und kommuniziert diese bis heute aktiv. Gleichwohl verharrt das Unternehmen nicht im Gestern, sondern entwickelt weiter Verbesserungen und erforscht den Reichtum der pflanzlichen Wirkstoffe mit modernsten wissenschaftlichen Methoden. Ein Beispiel ist der neu entstandene Bereich der Männer- und Frauenheilkunde. Hier geht es unter anderem um pflanzliche Unterstützung bei Prostatabeschwerden und in den Wechseljahren. Zur Entwicklung neuer Arznei- und Gesundheitsmittel pflegt A.Vogel auch Kooperationen. So gibt es ein gemeinsames Anbauprojekt in der südafrikanischen Kalahari-Wüste mit der Universität Münster für ein Rheumamittel auf Basis von Harpagophytum. A.Vogel zeichnet sich auch dadurch aus, dass das Unternehmen viel gedankliche Arbeit in die Marke A.Vogel investiert. Diese soll faszinieren und bei allen Produkten die Philosophie der «Hilfe zur Selbsthilfe» verkörpern, sei es bei einem Erkältungsmittel, einem Hustenbonbon oder dem bekannten Kräutersalz Herbamare. Robert Baldinger ist es gelungen, für die gesamte Produktepalette eine starke Markenidentität aufzubauen, die konsistent und konsequent die Werte des Firmengründers vermittelt. An dieses Erbe knüpft Peter Gmünder an und nutzt seine internationale Managementerfahrung, um die Marke weiter zu schärfen. Regelmässige Unternehmensführungen, der Heilpflanzen-Schaugarten und das A.Vogel-Museum tragen ebenfalls zur Greifbarkeit und Authentizität der Marke bei. Speziell bei A.Vogel ist ausserdem, dass das Unternehmen neben den Produkten auch Informationen über Gesundheitsthemen anbietet. Die kompetent recherchierte und ansprechend gestaltete Zeitschrift «Gesundheits-Nachrichten» hat 25000 Abonnenten und erscheint zehn Mal pro Jahr. Dieses Kernangebot wird durch ein regelrechtes «Gesundheitsuniversum» im Internet ergänzt. Ausserdem ist A.Vogel in den sozialen Medien präsent. Darüber hinaus können Interessierte sich an drei Wochentagen telefonisch zu Gesundheitsthemen beraten lassen. Schliesslich haben die Kunden die Möglichkeit, sich vor Ort ein Bild von der Produktion zu machen und sich über A.Vogel zu informieren: Alle Hauptstandorte, Roggwil, Teufen und Elburg, verfügen über ein Besucherzentrum. Dieser aussergewöhnliche Kundenservice sorgt für Vertrauen und eine enge Bindung. «Die Leute wollen verstärkt wissen: Woher kommt etwas, wer steht dahinter, wer macht es», kommentiert Robert Baldinger. Sogar Kochrezepte für gesundes Essen sind auf der Website von A.Vogel zu finden. Kernzielgruppe sind Frauen zwischen 45 und 65 Jahren, wenngleich zwei von fünf Kunden unter 45 Jahren sind. «Wir haben uns zum Ziel gesetzt, das Lebenswerk von Alfred Vogel und seine Philosophie in die Zukunft zu tragen», kommentiert Peter Gmünder. Damit dies gelingt, muss die A.Vogel AG gleichwohl kommerziell erfolgreich sein und die Fähigkeit besitzen, sich schnell an Veränderungen der wirtschaftlichen, regulatorischen oder auch politischen Rahmenbedingungen anzupassen. «Rein wirtschaftlich gesehen wäre es am besten, wenn wir nur unser Hauptprodukt Echinaforce verkaufen würden», räumt Peter Gmünder ein. Aber natürlich will er im Sinne von Alfred Vogel gesamtheitlich unterwegs sein und seinen Kunden für möglichst viele Gesundheitsthemen ein Angebot machen können. Gleichzeitig steht er vor der Herausforderung, als Schweizer KMU im harten Kampf neben den globalen Konzernen zu bestehen. «Wir stellen uns dieser Herausforderung, indem wir unser Marketing und unsere Ressourcen auf die Hauptprodukte konzentrieren.» So ist es möglich, dank hoher Verkaufszahlen Skaleneffekte zu realisieren. «Das gibt uns den Spielraum, um weiterhin ein breites Portfolio anzubieten, selbst wenn es kurzfristig nicht immer kommerziell interessant ist.»

WARUM ES SICH LOHNT
Dank der starken Gründerfigur, der konsistenten Kommunikation auf allen Kanälen und dem ganzheitlichen Serviceverständnis schafft es die Marke A.Vogel, gesundheitsbewusste Kunden von der Naturmedizin und der Philosophie des Firmengründers zu überzeugen. Das zeigt sich auch in den Geschäftsergebnissen: 2016 verzeichnet die A.Vogel AG trotz der belastenden Aufwertung des Schweizer Frankens ein erfolgreiches Jahr und kann ein wiederum sehr befriedigendes Jahresergebnis ausweisen. Doch Erfolg wird nicht nur in Bilanzzahlen definiert: Entsprechend dem ganzheitlichen Ansatz geht es neben dem Produkteverkauf auch um gesundheitliche Aufklärung im Sinne eines ausgewogenen Lebens und entsprechender Achtsamkeit für Körper und Seele. Hier erzielt das Unternehmen ebenfalls Breitenwirkung: Die Website von A.Vogel erreicht 17 Millionen Besucher in über 20 Ländern, der Online-Newsletter hat 580 000 Abonnenten und jährlich kommen 65 000 Menschen in die Besucherzentren der drei Standorte. Auch das Wohlbefinden der eigenen Mitarbeitenden gehört zu den unternehmerischen Zielen. Diese danken es mit einer Zufriedenheitsquote von 88 Prozent und grosser Loyalität: Die Fluktuation beträgt lediglich 3 Prozent. «Unsere Mitarbeiter arbeiten seit vielen Jahren aus Begeisterung bei A.Vogel und identifizieren sich mit unseren Werten», so Peter Gmünder. Ein weiterer Vorteil ist, dass das Unternehmen nicht auf Quartalszahlen hinarbeiten muss: «Dank unserer Eigentümerstruktur als Stiftung haben wir einen langfristigen Horizont. Ethisches Verhalten hilft uns, auch noch in drei, fünf und zehn Jahren erfolgreich zu sein.»

Bernhard Ruetz: Ethisch. Nachhaltig. Erfolgreich. 
Zehn Schweizer Unternehmen und ihre Geschichten
Verlag Ars Biographica, Humlikon 2018. Aktualisiert November 2019.
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